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Wie zuviel Leidenschaft in der Eventbranche Leiden schafft

Am 14. Januar 2020 geht in Dortmund die 2. Ausgabe des BrandEx Festivals über die Bühne(n). Bei der ersten Ausgabe im Januar 2019 sah das Festival – zumindest in der Berichterstattung – recht vielversprechend aus. Ein interaktives, zeitgemäßes Format, Aufbruchstimmung, Zukunftspotenzial. Und dann kam im Sommer das Motto für die BrandEx 2020:

„Die Leidenschaft“. Wirklich? Ist das relevant? Ein Thema, das unserer Branche unter den Nägeln brennt? Jedenfalls braucht es schon mal viel Leidenschaft, sich nach Dortmund aufzuraffen und mindestens 625,50 € Teilnahmegebühr zu investieren.

Leidenschaft – ein leeres Wort, das jeder Autohersteller, jede Bank, jede Einzelhandelskette, jede Versicherung, jeder Industriebäcker für sich proklamiert. Das auf keiner Agentur-Website fehlt. Konnten sich die Macher in – leidenschaftlichen – internen Diskussionen wirklich nur auf dieses hypergenerische Thema einigen?

Was ist zum Beispiel mit Digitaler Transformation, New Work, Künstlicher Intelligenz, lahmender Konjunktur, Neukundengewinnung, Pitch-Wahnsinn, profitablen Geschäftsmodellen, Employer Branding, Weiterbildung, Aufbau von strategischer Kompetenz, Nachwuchsförderung, Nachhaltigkeit etc. etc.?

Oder ist das mit der Leidenschaft nur ein Trick? Das Thema ist so langweilig, dass es provoziert. Bei mir hat es jedenfalls funktioniert. Vielleicht macht ein Wechsel der Perspektive die Sache spannender: In der Live-Kommunikation gibt es doch nicht zu wenig, sondern viel zu viel Leidenschaft.

Das schafft Leiden vor allem auf der unternehmerischen Seite. Überbordende Leidenschaft führt zwar im Idealfall zu tollen, kreativen, emotionalen und logistisch perfekten Ergebnissen, zufriedenen Kunden und hoffentlich auch zu Folgeaufträgen. Aber sie treibt uns eben auch an, immer 100% zu geben, obwohl wir nur 80% bezahlt bekommen.

Ergebnis: seit 15 Jahren sinkende Honorare bei steigender Zahl von „Extrameilen“, Selbstausbeutung, hohe Personalfluktuation, (zu) wenig Zeit für unternehmerische Themen, zahlreiche Agenturpleiten auch in Boomjahren. Welche Branche ist für Finanzinvestoren weitgehend uninteressant? Genau.

In diesem Sinne kann man nur auf kontroverse, leidenschaftliche Beiträge auf der BrandEx 2020 hoffen.